Demotivation durch augenscheinliche Motivation


'Sie machen das schon'.... sicherlich haben Sie diesen Satz auch schon mehr als einmal in Ihrem Leben gehört. Und wahrscheinlich hätten Sie – auch mehr als einmal – den Sprecher für diesen Satz am liebsten erwürgt – und ihn gleichzeitig geküsst. Denn das fiese an diesem Satz ist, dass gleich mehrere Informationen drinstecken: „Ich bin mir bewusst, dass ich dir jetzt etwas zumute“, „Ich glaube/vertraue/weiß, dass du die Aufgabe lösen wirst“ und „Ich selber bin ab jetzt aus dem Schneider“. Je nachdem, auf welche dieser Informationen wir innerlich anspringen, fühlen wir uns entweder überrumpelt, geschmeichelt, auf den Arm genommen, ausgespielt ...

Sie merken schon: In diesem kleinen Satz steckt jede Menge drin.

 

Viele Chefs sind z.B. der Meinung, dass „Sie machen das schon!“ ein wahrer Motivationskick sei. Schließlich signalisieren sie damit ja, dass sie dem Adressaten die zu erledigende Aufgabe vollumfänglich zutrauen. Und sicherlich ist da auch viel Wahres dran. Vor allem, wenn man den Satz zum ersten Mal hört und die Aufgabe wirklich anspruchsvoll ist, tut jeder einzelne Buchstabe dem Ego gut. Man fühlt sich gesehen, in der Leistung anerkannt und gefordert. Und da man das Vertrauen ja nicht enttäuschen will, hängt man sich auch so richtig rein. Beim zweiten Mal wird's dann komisch!

 

Denn dann hat man schon so eine Ahnung, was nach der Ego-Streichel-Kur kommt. Denn so mancher Chef wälzt in dieser „Verpackung“ einfach Aufgaben ab, auf die er schlicht keine Lust hat. Vielleicht weil sie ihm zu zäh sind. Oder er hat die Aufgabe selbst aufs Auge gedrückt bekommen und sieht den Sinn eigentlich nicht ein. Fast immer schwingt aber auch ein wenig der Versuch der Beruhigung und Ruhigstellung mit. Ein bisschen „Meld dich erst wieder, wenn du fertig bist“ steckt nämlich auch in diesem kleinen Satz.

 

Der erste Teil meines heutigen Tipps lautet:

Werden Sie hellhörig, wenn Sie Aufgaben mit dem Satz „Sie machen das schon!“ delegiert bekommen. Hier könnte eine Ego-Streichel-Falle lauern! Geht für Ihr Gegenüber die Rechnung auf und Sie nicken freudig und stolz die neue Aufgabe ab, wird Ihnen das Ausmaß wahrscheinlich erst bewusst, wenn sie wieder allein sind.

 

Daher lautet Teil zwei meines Tipps: Es ist vollkommen okay, wenn Sie sich innerlich freuen und Ihr Ego sich gebauchpinselt fühlt. Wie gesagt: innerlich! Bleiben Sie äußerlich aber eher desinteressiert, kritisch und zweifelnd. Fragen Sie nach, was genau mit „Sie machen das schon!“ gemeint ist. Was genau dieses „das“ ist. Anhand der Antworten merken Sie dann sehr schnell, ob Ihnen da jemand durch die Schmeichel-Hintertür etwas aufs Auge drücken will oder ob in der Aufgabe wirklich eine Herausforderung und Chance liegt.

 

PS: Überlegen Sie sich auch sehr genau, ob Sie (zukünftig?) Aufgaben mit diesem Satz delegieren. Und wenn Sie es tun, seien Sie sich Ihrer eigenen Motivation bewusst. Wollen Sie etwas Unliebsames möglichst schnell loswerden und am liebsten Ihre Ruhe haben? Oder steckt in dem Satz wirkliche Anerkennung? Thematisieren Sie beides. Sie werden sehen, Ihre Ehrlichkeit wird die wahre Motivation sein.